
Hamburg, 09.05.2025 – Mit den ersten sommerlichen Temperaturen beginnt auch wieder die Hochsaison für Mücken, Wespen und andere stechende Insekten. Der ständige Juckreiz und Schwellungen können für viele Kinder ganz schön belastend sein. Prof. Dr. Philippe Stock, ärztlicher Direktor am Altonaer Kinderkrankenhaus, Pädiater und Allergologe, gibt im Interview wichtige Tipps zum richtigen Umgang mit Stichen und erklärt, in welchen Fällen ein Arzt aufgesucht werden sollte.
Herr Prof. Stock, ein Insektenstich wird bei meinem Kind immer dicker und gerötet – ab wann ist das problematisch?
Prof. Stock: Eine leichte Rötung, Schwellung und Juckreiz sind normale Reaktionen auf einen Insektenstich. Wird der Bereich aber sehr großflächig, heiß, hart oder beginnt zu pochen, kann das in sehr seltenen Fällen auch mal ein Zeichen für eine bakterielle Infektion sein. Dann empfehle ich, den Kinderarzt oder die Kinderärztin aufzusuchen. Wichtig ist: Bitte nicht selbst herumdrücken oder das Kind daran kratzen lassen – das verschlimmert meist die Entzündung.
Wie sieht denn die richtige Pflege bei Insektenstichen aus?
Prof. Stock: Kühlen, kühlen, kühlen. Am besten mit einem feuchten Waschlappen oder einem Kühlkissen, eingewickelt in ein Tuch. Bei starkem Juckreiz können antiallergische Gele die Kühlung unterstützen. Für deutliche Entzündungsreaktionen sind Salben mit leicht dosierten entzündungshemmenden Wirkstoffen (z.B. Hydrocortison) hilfreich und sind rezeptfrei in Apotheken erhältlich sind. Wichtig ist auch, die Haut sauber zu halten – bei offenen Stellen etwa durch Kratzen sollte desinfiziert werden.
Gibt es noch weitere Hausmittel, die empfehlenswert sind?
Prof. Stock: Eineraufgeschnittenen Zwiebel, direkt auf die Stichstelle gelegt, werden leichte entzündungshemmende Effekte nachgesagt. Dies ist nicht durch Studien belebt, viele Kinder finden diesen Trick allerdings auch sehr spannend und freuen sich über die Wirksamkeit.
Was kann man tun, um Insektenstichen vorzubeugen?
Prof. Stock: In den Sommermonaten helfen – insbesondere bei Ausflügen an einen See oder ins Schwimmbad – spezielle Mückenschutzmittel für Kinder, helle, lange Kleidung oder zum Beispiel Insektennetze über dem Kinderwagen. Süße Speisen und Getränke im Freien ziehen Wespen an – offene Getränke darum am besten einfach abdecken. Und bei Ausflügen im Grünen: Schuhe tragen!
Und wenn die Schuhe doch mal vergessen werden und mein Kind von einer Biene oder Wespe
gestochen wurde?
Prof. Stock: Neben den nahezu immer harmlosen Mückenstichen sind die Hymenopteren, also Bienen, Wespen, Hornissen und Hummeln aufgrund möglicher allergischer Reaktionen anders zu bewerten. Auf alle Fälle gilt auch hier: Erst einmal Ruhe bewahren, kühlen und den Stachel vorsichtig entfernen. Meist sind auch solche Stiche harmlos. Versuchen Sie auf jeden Fall zu identifizieren, um welches Insekt es sich gehandelt hat. Wird man z.B. beim Essen angeflogen, handelt es sich meist um Wespen. Bienen sitzen eher an Pflanzen oder im Gras, Kinder greifen beim Spielen häufig in die Tiere oder treten barfuß auf der Wiese hinein. Daher empfehle ich, dass Kinder im Freien, insbesondere im Gras, nicht barfuß laufen und eher geschlossene Kleidung tragen. Bei Mahlzeiten im Freien muss genau geprüft werden, ob sich auf dem Eis oder dem Stück Kuchen eine Wespe versteckt hat, Gläser sollten abgedeckt sein und Kinder sollten eher mit einem Strohhalm trinken. Mülleimer und Fallobst üben eine starke Anziehungskraft auf Wespen aus, auch hier sollte große Vorsicht walten. Bei offenen Fahrradhelmen wirkt ein Netz, damit sich keine Wespen unter dem Helm verfangen.
Treten Atemnot, Schwindel, starke Schwellung oder andere ungewöhnliche Reaktionen auf, sofort den Notruf (112) wählen – das kann auf eine allergische Reaktion hinweisen. Eltern von allergischen Kindern sollten immer ein Notfallset dabeihaben.
Gibt es weitere Symptome, an denen ich eine allergische Reaktion auf einen Stich erkenne?
Prof. Stock: Eine echte allergische Reaktion zeigt sich meist innerhalb kurzer Zeit. Neben Schwindel, Atemnot und einer starken Schwellung können auch Hautausschlag am ganzen Körper (Nesselsucht), Kreislaufprobleme oder Übelkeit auftreten. Besonders bei bekannten Allergien oder bei Stichen im Mund-Rachen-Bereich sollten Eltern sofort handeln. Wichtig: Eine echte allergische Reaktion mit Kreislaufproblemen oder Atemnot tritt bei sehr wenigen Kinder auf. Eltern müssen sich darum nicht zu viele Sorgen machen. Trotzdem ist es wichtig, die ersten Minuten nach einem Stich aufmerksam zu beobachten und ggf. zu handeln. In diesen Fällen rate ich dringend zur Vorstellung beim Allergologen oder der Allergologin: eine Hyposensibilisierung ist sehr effektiv und kann über 90% der allergischen Reaktionen auf Insektenstiche verhindern!
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