
21.08.2023
„Heute kann ich wieder turnen!“ - Patientin Angelina C. wurde wegen einer speziellen Verletzung des Unterarms im AKK behandelt
Hamburg, 21.08.2023 – Zwei Jahre ist es her, dass Angelina C. (11) beim Spielen von der Schaukel gefallen und sich den Ellenbogen gebrochen hat. Nach dem Bruch folgten zahlreiche Operationen – Grund war eine spezielle Verletzungsfolge des Unterarms, die übersehene Ausrenkung des Speichenkopfes am Ellenbogen, neudeutsch auch „Missed-Monteggia-Läsion“ genannt. PD Dr. Dirk W. Sommerfeldt, leitender Arzt der Kinderunfallchirurgie am Altonaer Kinderkrankenhaus, erklärt, warum der Eingriff bei einer solchen Verletzung so wichtig ist.
Fragt man Angelina nach ihren Lieblingshobbys, dann kommt prompt die Antwort: Klettern, Turnen und Volleyballspielen. Sportarten, die insbesondere die Arm- und Handgelenke sehr beanspruchen. Die letzten zwei Jahre musste die elfjährige Husumerin allerdings auf diese Hobbys verzichten. Als sie im August 2021 von der Schaukel fällt und mit starken Schmerzen in ein nahegelegenes Krankenhaus kommt, gehen die behandelnden Ärzte zunächst von einer Prellung aus. Nach wenigen Wochen stellt sich heraus: Es handelt sich um eine Fraktur der Elle, es muss sofort operiert werden. „Ich hatte total Angst davor, operiert zu werden. Es war nämlich meine erste OP und ich wusste nicht, was auf mich zukommt“, berichtet Patientin Angelina.
Nach der Operation, Kontrollen und zahlreichen Physiotherapie-Sitzungen geht es Angelina gut. Die Wunde heilt optimal, die Schülerin hat keine Schmerzen. „Meiner Tochter ging es zwar viel besser, sie konnte ihren Arm drehen und strecken – allerdings konnte sie den Arm nicht beugen“, erzählt Angelinas Mutter Vera C. Nach weiteren Krankenhausbesuchen folgt die Überweisung ins Altonaer Kinderkrankenhaus, welches Zentrum für Korrekturosteotomien an der oberen Extremität ist. Der leitende Arzt der Kinderunfallchirurgie PD Dr. Dirk Sommerfeldt ist Experte auf diesem Fachgebiet, hat schon zahlreiche posttraumatische Fehlstellungen behandelt: „Die Missed-Monteggia-Verletzung ist in der Kindertraumatologie sehr bekannt, weil es eine klassische Verletzung ist, die leicht übersehen werden kann. Wenn man sie nicht erkennt oder auch später nicht rechtzeitig behandelt, dann führt das zu einer dauerhaften Bewegungseinschränkung“, erklärt PD Dr. Sommerfeldt.
Bei einer Monteggia-Fraktur ist die Elle in der Nähe des Ellenbogens gebrochen. Gleichzeitig ist auch das Radiusköpfchen aus der Gelenkverbindung zur Elle (Ulna) und zum Oberarmknochen (Humerus) ausgerenkt. „Wenn der Radiuskopf ausgerenkt ist, sollte das – wenn man es erkennt – unbedingt sofort operiert werden. Auch wenn dies betroffenen Kindern zunächst keine Schmerzen bereitet und sie nicht einschränkt, führt das sonst wenige Jahre später zu Problemen: Wenn die Fehlstellung ausgebildet ist, kann das Beugen Schmerzen bereiten
oder später sogar unmöglich werden“, so PD Dr. Sommerfeldt. Im Altonaer Kinderkrankenhaus werden jährlich abteilungsübergreifend über 100 Korrekturosteotomien bei angeborenen und erworbenen Deformitäten, wie z.B. auch jene Behandlung der „Missed-Monteggia-Läsion“ – vorgenommen.
Unter der Operation wird die ursächliche Fehlstellung der Elle behandelt, damit die Speiche nicht wieder herausspringen kann. PD Dr. Sommerfeldt erklärt: „Während des Eingriffs muss die Elle durchtrennt werden, dann bringen wir die beiden Teile der Ulna in einer geänderten Position so zusammen, dass der Radiuskopf wieder in das Gelenk eintauchen kann. Das Ganze wird bei kleineren Kindern in der Regel mit einem extern getragenen Fixateur fixiert, bei größeren Kindern kann auch eine Platte aus Metall zum Einsatz kommen. Durch den Zug, der an der Verbindung zwischen Elle und Speiche entsteht, renkt sich dann der Radiuskopf wieder ein.“ Wenn der Knochen zusammengewachsen ist, kann das Gerüst wieder abgenommen werden – dies ist im Idealfall nach circa drei Monaten der Fall.
„An den Fixateur musste ich mich erst mal gewöhnen. In der Schule waren meine Mitschüler total lieb und haben mir bei allem geholfen, haben sogar manchmal meinen Schulranzen für mich getragen, damit ich den Arm nicht zu sehr belaste“, erzählt Angelina. Der Fixateur wurde bei Angelina bereits entfernt, für die Korrektur der Fehlstellung an der Elle musste in einer weiteren Operation ein Metallstab eingesetzt werden. „Angelina hat einen langen Weg hinter sich, es war ein komplizierter Verlauf. Je länger der Speichenkopf nicht mehr im Gelenk war, desto wahrscheinlicher ist es, dass es mehrere Operationen benötigt“, erklärt PD Dr. Sommerfeldt. Seit drei Monaten darf Angelina aber schon wieder Sport machen. „Als erstes bin ich nach der Operation mit meiner Mama shoppen gegangen, dann wollte ich unbedingt schwimmen gehen“, so Angelina. Mittlerweile kann sie schon wieder Trampolinspringen, einen Handstand machen und Flick-Flack – ihre Lieblingsturnübung, bei der man aus dem Stand rückwärts auf die Hände und von dort an wieder zurück auf die Beine springt. Mit einigen Wiederholungen versteht sich. Die Stange wird im Oktober beim fünften und dann hoffentlich letzten Eingriff entfernt. „Ich freue mich, wenn ich die letzte OP hinter mir habe und bin schon jetzt so glücklich darüber, dass ich endlich wieder turnen kann.“
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